DeFi: Decentralized Exchanges im Finanzmarkt-Geldwäschegesetz

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Decentralized Finance aus Sicht der Rechtswissenschaft

Digitalisierung, Blockchain und auch Künstliche Intelligenz waren in den letzten Jahren wahre Buzzword-Dauerbrenner. Zuletzt gesellte sich zu diesen Schlagworten auch das Phänomen „Decentralized Finance“ (kurz DeFi) dazu. Der Total Value Locked (TVL), der den Wert hinterlegter Sicherheiten und bereitgestellter Liquidität abbildet, ist ein Indikator für den Erfolg dezentraler Finanzanwendungen: Anfang 2020 betrug der TVL noch rund 10 Mrd USD, gegen Ende des Jahres 2021 bereits über 110 Mrd USD, laut DeFi Pulse. Blockchain-Expert:innen sehen in DeFi häufig eine wahre Revolution, trotzdem wurde DeFi in der österreichischen rechtswissenschaftlichen Literatur bisher kaum behandelt. Der vorliegende Beitrag soll daher ein Grundverständnis für Decentralized Finance schaffen, von der Definition von DeFi im Finanzmarkt-Geldwäschegesetz und als Diskussionsgrundlage dienen.

Dieser Artikel zu Decentralized Finance im Finanzmarkt-Geldwäschegesetz ist von EY Law Rechtsanwalt Martin Hanzl, Head of New Technology Desk und Jurist Florian Dafinger, FMA Kontakt für FinTech in der Zeitschrift ZFR von LexisNexis im August 2022 erschienen. Die vollständige Fassung ist hier online verfügbar: LexisNexis Archiv

1. Was ist Decentralized Finance?

Für das Phänomen „DeFi“ gibt es derzeit aus rechtlicher Perspektive keine Definition für Decentralized Finance. Es soll daher im Folgenden eine kurze Einführung dazu gegeben werden, um ein gemeinsames Grundverständnis für den Begriff Decentralized Finance zu schaffen.

Keine einheitlich Definition von Decentralized Finance

Ausgehend von der Einführung eines dezentralen, verteilten Registers – einer Blockchain – iZm dem Krypto-Asset Bitcoin konnte man bereits 2014 von der Idee einer dezentralen Tauschplattform lesen. Dezentralität bedeutet dabei idR das Fehlen eines Intermediärs bzw einer zentralisierten Institution, wie bspw einer Bank. An die Stelle von Banken, Börsen oder Maklern treten im DeFi Space offene Protokolle und dezentralisierte Anwendungen, sogenannte DApps. Dadurch soll den Problemen des herkömmlichen Finanzsystems (zentrale Kontrolle, begrenzter Zugang zu Finanzsystemen, Ineffizienz, mangelnde Interoperabilität, Intransparenz und Ähnliches) begegnet werden.

Wie funktioniert Decentralized Finance?

Durch den Wegfall von Intermediären stehen Teilnehmende am Finanzmarkt einander direkt gegenüber und interagieren ohne Zwischenperson miteinander. Die Regeln und Bedingungen, zu denen sie kontrahieren, sind in Softwarecodes (Smart Contracts) niedergeschrieben. Die DeFi-Protokollen zugrunde liegende Blockchain-Technologie ermöglicht die Interaktion zwischen Peers ohne trusted third party.

Was ist DeFi?

Zusammengefasst wird daher häufig unter DeFi eine Blockchain-basierte Finanzinfrastruktur in einer offenen, erlaubnisfreien Systemumgebung, in der Regel auf Basis von Smart-Contract-Modellen) verstanden. Die Herausgber des Werks Decentralized Finance, definieren DeFi als „dezentrale Bank- und Finanzdienstleistungen“, da DeFi aus Sicht der Anwendenden wirtschaftlich Bank- und Finanzdienstleistungen im Blockchain-Kontext seien.

DeFi – Ein Wort, viele Schichten

Wie eingangs erwähnt, gibt es keine einheitliche Definition von DeFi. Folglich variiert auch die Beschreibung von DeFi-Applikationen im Detail.

DeFi – Layers

Gemeinsam ist den Erklärungen aber, dass Decentralized Finance auf verschiedenen Layern (Schär, Decentralized Finance: On Blockchain- and Smart Contract-based Financial Markets) aufbaut:

  • DeFi-Protokolle stets auf einer Blockchain – derzeit in der Regel auf Ethereum – aufbauen, die meist als Settlement Layer oder „Layer 1“ bezeichnet werden
  • Es folgt der Asset Layer (Layer 2), der aus den Assets besteht, die auf Basis des jeweiligen Settlement Layer ausgegeben wurden. Der Asset Layer kann einerseits native Token oder Coins (zB Ether auf der Ethereum Blockchain) oder aber eigens kreierte Token enthalten.
  • Auf dem Protocol Layer werden sogenannte DApps abgelegt, um DeFi-Funktionen, wie den Handel, Tausch und Verleih von Kryptowährungen, durchführen zu können (Protocol Layer). Diese so auf dem Protocol Layer aufbauenden Smart Contracts könnten zwar bereits angewählt und ausgeführt werden, doch bedarf es dafür eines gewissen technischen Verständnisses.
  • Nachdem viele Personen über dieses technische Wissen nicht verfügen, werden DeFi-Applikationen regelmäßig über einen Application Layer (Anwendungsebene, wie ein Web-Browser-based Frontend) ergänzt.
  • Manchmal fassen Service Provider den Zugang zu mehreren DeFi-Applikationen in einer User-zentrierten Plattform zusammen (typischerweise ist es auf solchen Plattformen möglich, die Performance der verschiedenen DeFi Tools aggregiert zu sehen und so eine bessere Vergleichbarkeit herzustellen). Diese Ebene wird von Schär Aggregation Layer genannt.

DeFi: Dezentralität und das Aufsichtsrecht

Derzeit gibt es zwar (noch) keine Legaldefinition von DeFi-Applikationen, doch ist den Anwendungen die dezentrale Ausgestaltung gemein. Eben diese Dezentralität von DeFi-Applikationen stellt das klassische Aufsichtsrecht vor Herausforderungen. Unser derzeitiges Aufsichtsrecht ist nämlich davon geprägt, dass die aufsichtsrechtlichen Anforderungen und Maßnahmen stets juristische oder natürliche Personen adressieren.

Im folgenden Artikel soll auf bereits verbreitete DeFi-Applikationen eingegangen und analysiert werden, ob bzw unter welchen Voraussetzungen diese unter das bestehende österr eichischeAufsichtsrecht, konkret: das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, kurz FM-GwG, fallen. Betrachtet man DeFi aus dem Blickwinkel anderer Materiengesetze, so sind in deren Rahmen natürlich andere Schlussfolgerungen denkbar.

Marktüberblick über häufige DeFi-Funktionen

Die Funktionen von DeFi sind vielschichtig – ebenso wie die unterschiedlichen Verständnisse innerhalb der Blockchain-Community. Ein weites Verständnis von DeFi umfasst unter Umständen auch das bloße Halten von bekannten, dezentralen Kryptowährungen, wie etwa Bitcoin oder Ether.

Ziel dieses Artikels ist insb die aufsichtsrechtliche Beurteilung von DeFi-Handelsplätzen. Es wird daher im Folgenden nur diese Funktion näher beleuchtet.

In vielen Fällen werden derzeit Krypto-Trades über zentralisierte Crypto Exchanges durchgeführt. In aller Regel funktioniert dies auch sehr gut, doch müssen Investoren in die Sicherheit der Crypto Exchange vertrauen, da diese die Assets für sie verwaltet. Auch bereits selbst durch Mining erworbene Krypto Assets müssen, wenn sie über eine zentralisierte Tauschbörse getauscht werden sollen (etwa in eine Fiat-Währung), an diese versendet werden und können von Angriffen gegen die zentralisierte Börse betroffen sein.

Decentralized Exchanges – DEX

Bei Decentralized Exchanges (kurz DEX) werden die Orders hingegen nicht über einen Intermediär durchgeführt, sondern über einen Smart Contract. Der Smart Contract handelt als ausführender Mechanismus – und legt wesentliche Bedingungen fest, also etwa den Tauschkurs. Anders als bei zentralisierten Börsen ist es bei DEX nicht notwendig, dass die Assets vor dem Tausch „aus der Hand“ gegeben werden, sondern der User behält bis zum effektiven Tausch Kontrolle über ihre Krypto Assets. Der Ablauf im Rahmen einer DEX gestaltet sich im Normalfall wie folgt:

  • Der User muss bestimmen, welchen Kryptowert und wie viel davon sie gegen welchen Kryptowert tauschen möchte.
  • Die DEX (Smart Contract) führt den Tausch durch.
  • Um sicherzustellen, dass der Tausch durchgeführt werden kann, hält der Smart Contract einen Liquiditätspool (Liquidity Pool) vor.

2. Anwendbarkeit des FM-GwG auf DeFi-Tauschbörsen

Ziel dieses Aufsatzes ist es, eine erste Orientierung zu geben. Entsprechend wird das Augenmerk auf das FM-GwG gelegt, genauer darauf, ob sog DEX in den Anwendungsbereich des FM-GwG als Dienstleister in Bezug auf virtuelle Währungen fallen (können).

Blockchain: Was ist DeFi – Decentralized Finance eigentlich?

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